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Sinn & Sein

Eine klassische Frage: Warum gibt es uns? Und der Islam hat darauf keine weniger phrasische Antwort, als andere Religionen: Damit wir Allahs Wohlgefallen gewinnen.

"Und Ich habe die Dschinn und die Menschen nur darum erschaffen, damit sie Mir dienen." (Surah Az-Zariyyat, Vers 56)

Wozu brauchen wir sein Wohlgefallen überhaupt? Können wir nicht ohne einen Gott leben? Und warum braucht ein Gott unsere Bemühungen um ihn? Kann er nicht ohne uns Menschen sein?

Da muss mehr dahinter stecken! Wir nehmen also an, dass es ein göttliches Wesen geben muss und da der Mensch nicht den größten Akt seiner Schöpfung darstellt, sollten wir uns zunächst eine allgemeinere Frage stellen: Warum erschafft ein Gott Dinge? Für uns?

"Wahrlich, die Schöpfung der Himmel und der Erde ist größer als die Schöpfung der Menschen; allein die meisten Menschen wissen es nicht." [Sura Ghafir, Vers 57]

Wie kann man sich diesen Gott vorstellen, der das alles hier gemacht haben soll? Allah beschreibt sich den Menschen im Koran anhand seiner Attribute, von denen er unzählige hat und den Menschen nur 99 offenbart. Diese sind bekannt, als die 99 Namen Allahs. Einer davon ist Al-Malik, der König oder Al-Aziz, der Erhabene oder aber auch Al-Rahim, der Barmherzige und Al-Gafur, also der Vergebende.

99 Namen und wichtig sind für unsere Frage Al-Bari und Al-Haliq – Er ist der Schaffende und der Schöpfer. Er erschafft Dinge, das ist sein Wesen. Es macht ihn aus. Zwar nicht nur, denn ein Maler kann auch ein Vater, gleichzeitig ein Anwalt oder sogar ein Gläubiger sein. Aber ein Maler malt und ein Gott erschafft Dinge. Das ist eines der Dinge, die wir über ihn wissen.

Die Perfektion eines Malers findet sich wiederum in seinen Werken. Seine Qualität und seine Fähigkeit zu malen wird in seinen Gemälden offenkundig. Allah schafft nicht aus Notwendigkeit, aber seine Schöpfung ist seine Offenbarung. Wer weiß, was er sonst alles schafft. Meine Vorstellungskraft geht weit und seine Schaffen wohl weiter als das, wenn man bedenkt, dass er auch der Schöpfer meiner Vorstellungskraft ist.

Wir und alles im Universum sind genauso einzigartig, wie alles Kunst in der Welt, kreative Energie könnte man fast sagen.

Der Mensch oder Maler als Schöpfer besitzt auch kreative Energie und kann diese umsetzen. Menschen schaffen aber nicht wirklich, sie manipulieren, verändern, machen, bändigen, leiten, forschen, entwickeln, bewegen nur, was bereits existiert. Nur Allah kann aus dem nichts etwas hervorbringen. Licht, Gedanken und Gefühle, Stein, Bewegung, das Universum – den Menschen – alles aus dem Nichts geschaffen.

Nun hat er jeder Seele ein Bewusstsein für Schlechtigkeit und Rechtschaffenheit eingegeben und wenn wir unser Leben danach ausrichten, leben wir gottergeben. Aber keiner von uns, der gut ist, macht das Gesamtwerk besser und keiner, der schlecht ist, macht die Schöpfung zu etwas schlechtem. Muhammad (s) sagte: „Bei Dem, in Dessen Händen meine Seele ist, wenn ihr nicht sündigen würdet, so würde Allah euch durch ein anderes Volk ersetzen, das sündigt und Allah um Vergebung bittet, und Allah wird ihm vergeben.“ (Zitiert aus Muslim).

Wir brauchen also keine Angst haben, etwas falsch zu machen. Menschen fehlen und selbst das Schlechte ein Teil des Werkes. Sogar wenn wir leiden und Allah, um Erlösung bitten, lebt er darin sein Wesen aus: Er hört uns, denn er ist auch As-Sami, der Zuhörer und welche Auswirkungen das hat, kann keiner wissen. Aber wir leben mit ihm und durch ihn.

Was ist aber nun der Sinn unseres mal qualvollen, mal glücklichem Schicksals? Auch, wenn allein die Vorstellung, einfach ein kleiner Teil von etwas großem, schönen zu sein, ausreichen könnte, ist es das nicht. Denn man kann, die Schöpfung eines Gottes, nicht mit einem Gemälde vergleichen, dass man sich ins Wohnzimmer hängt.

Ich bin nicht Gott und ehrlich gesagt habe ich keine genaue Antwort. Immerhin haben wir alle ein Gewissen und eine Seele und vielleicht ist unser Leben ein Prozess, eine Metamorphose und wir können jetzt miterschaffen, ob aus uns Kröten oder Schmetterlinge werden. Ich weiß, es wirklich nicht. Das ist das Spiel aus Himmel und Hölle, das jeder von uns kennt. Doch so einfach kann das nicht sein. Ich weiß nicht, was nach dem Tod uns passiert. Was aus Raum und Zeit wird. Aber die Hoffnung auf etwas, das mehr ist, als das was jetzt und hier ist, ist meiner Meinung nach absolut logisch. 

Letztendlich existiere ich und weiß, dass kein Gott einen Menschen braucht. Menschen glauben vielleicht, sie brauchen keinen Gott und vergessen ihn gerne. Doch egal, wie man sich entscheidet, was man tut und wie man lebt, man liegt in seinen Händen und bei ihm liegt die Entscheidung.

"Allah ist der Schöpfer aller Dinge, und Er ist der Erhalter aller Dinge." [Sura 39, Vers 62]

So sehe ich das mit dem Sinn meines Lebens.

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FAITH over FEAR

Was ist hier los? Ist es nicht zu früh, um zurück zu blicken? Von „alten Zeiten“ zu reden und Erinnerungen in Rückblenden zu sehen? Das erste Klassentreffen wird geplant! Warum macht mich das so nervös?

Dieses Treffen wird mehr als nur ein Wiedersehen. Zum ersten Mal wird unsere Vergangenheit unserer Zukunft begegnen. Ich fühle mich in meine Schulzeit zurückversetzt. Mir fiel es damals sehr schwer, eine Rolle zu finden und mich in die Gesellschaft „Schule“ einzuordnen. Bevor ich diesen Ort verließ, sagte mir ein Mitschüler etwas, das ich es erst jetzt verstehe:

„Dir kommen die anderen merkwürdig vor, weil Du anders bist, Mervy Kay. Aber Du bist auch nicht merkwürdig, nur gewöhnungsbedürftig und wir haben uns an Dich gewöhnt!“

Das war kein gescheiterter Versuch, mir ein Kompliment machen zu wollen. Es ist ein Gleichnis für ein Thema, eine Frage, ein Problem, das mich immer schon beschäftigt hat: Die Rolle der Muslime in Deutschland!

Was jeder weiß: Wir sind einfach nur anders, nicht merkwürdig. „Anders“ zu sein, ist überhaupt nicht schlimm. Das Problem ist, durch sein Anders-Sein benachteiligt zu werden. Und das will keiner!

#SchauHin war echt klasse und hat viel Aufmerksamkeit mobilisiert. Kein Grund, sich rein zu steigern. So ein Opfer-Getue tut einem auf Dauer selbst nicht gut. Vergessen wir also mal das Anders-Sein, den Alltagsrassismus und die Auswanderungspläne: Wir sind hier, gewöhnt euch dran (Das ist übrigens an Deutschland  u n d  die Muslime gerichtet, falls das nicht klar sein sollte).

Die Erinnerung schwärzt die kleinen Dinge. Versucht trotzdem zurück zu denken. Kommen euch die Differenzen aus der Schulzeit nicht lächerlich vor? Erst wenn man die Schule verlässt, wird einem bewusst, wie kleingeistig unsere Lebensvorstellungen damals waren. In Zukunft ist heute die Vergangenheit, an die wir zurückdenken werden.

Ich werde niemals den Islam repräsentieren oder für alle Muslime beantworten können, warum ich Kopftuch trage, bete und warum ich glaube! Die Person, die euch das Gefühl gibt, hier nicht willkommen zu sein, kann auch nicht Deutschland repräsentieren. Das kann keiner, selbst wenn diese Person Merkel ist oder der Präsident. Es gibt nicht nur eine Realität. Es gibt nicht nur die Muslime und es gibt nicht nur die Deutschen.

Ich weiß nicht, ob ich inzwischen vernünftiger oder bekloppter geworden bin. Nur habe ich mich nie mehr als Deutsche  u n d  als Muslima gefühlt als jetzt, wo ich diese Winzigkeit verstanden habe.

Kein Mensch verdient es in ein Raster zu fallen und kein Mensch passt in eine Schublade! Ich bin dafür, dass wir unsere Kommoden jetzt sprengen und anfangen an mehr zu glauben.

Ein paar Monate sind es noch bis zum Klassentreffen. Mal sehen, wer wir bis dahin geworden sind!

Mervy Kay

P.S.: Dies sollte bitte nicht als Aufruf verstanden werden, sich schützend vor eine exotische Minderheit zu stellen. Es geht darum, endlich gleichberechtigt ernst genommen zu werden. Insch’ALLAH bald!