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"Kopftuch-Nutte"

Aktueller Bezug – Letzten Monat tötete der Amokläufer Elliot Rodgers in den USA sechs Menschen, weil er keine Frau für sich finden konnte. Dies bekundet er in einem Youtube-Video, das viele gesellschaftliche Fragen aufwirft. Fragen, die sich kein Mensch stellen würde, wenn nicht Menschenleben dafür gezahlt hätten: Sind Männer von Natur aus frauenfeindlich? Hat ein Mann einen Anspruch auf eine Frau? Fragen, mit denen sich auch Chris von Alles Evolution beschäftigt hat.

Kurzum vorweg – Es entstand für mich eine Debatte, in die ich als Heilige eintrat und als Hure wieder rauskam, kann man sagen.

Mein Statement – Wie kommt jemand auf die idiotische Idee, sich an Menschen für etwas zu rächen, das man mit einem ausreichendem Verantwortungsbewusstsein nur von Menschen bekommen kann? Keiner ist Schuld daran, wenn man keinen Partner findet und man kann auch niemanden dazu zwingen einem bei diesem menschlichen, nicht männlichen Problem zu helfen.

Eingebung – Uns Muslimen wurde von unserem Propheten empfohlen, zu heiraten, wenn wir Liebe und Zuneigung suchen. Wer nicht heiraten kann, soll fasten. Nichtmuslime haben es da sogar noch einfacher dachte ich. Wenn alle Stricke reißen, gibts es ja immer noch genug freiwillige Prostituierte, um es mal ganz grob zu sagen.

Als Muslima darf man doch gar nicht denken! – Was ich in meiner Rechnung vergessen habe: Ich trage Kopftuch und je bedeckter eine Frau, je mehr Stoff, je weniger Konturen, je weniger Haut, je weniger Schmuck, desto keuscher, desto untergebener, desto abhängiger, desto unemanzipierter, unmündiger, desto dümmer ist eine Frau. Ich bin faktisch gar kein Mensch mehr, sondern eigentlich nur noch ein Kopftuch.

Böse Männer – So sind Männer eben. Sie vergraulen alles und jeden, der ihnen nicht ebenbürtig erscheint.

#Error – Ich korrigiere mich: Es war keineswegs ein Mann, der mir mit dieser Einstellung begegnete, sondern eine Frau. Wie immer. Es ist immer eine Frau, die was gegen mich hat. Ich sollte das gar nicht mehr persönlich nehmen, denn mittlerweile sollte ich aus 500 m Entfernung riechen können, ob ich es mit einer Feministin zu tun habe oder nicht.

Feminismus –  Nicht alle Feministinnen sind böse und bringen einer primamuslima Verachtung entgegen, aber jeder der bisher böse zu primamuslima war und ihr Verachtung entgegenbrachte, war eine Feministin.

Mein Alltag – Feministinnen, die mich mit Prostituierten gleichstellen, denn je freizügiger eine Frau, je kürzer ihr Rock, je tiefer ihr Ausschnitt und je großer das Schlüsselloch ihres Schlafzimmers, umso dümmer und verzweifelter, unmündiger, umso abhängiger und dominierter von Männern ist eine Frau. Solche Frauen sind faktisch gar keine Menschen, sondern eigentlich nur Prostituierte eben.

„Verstand proportional zu plus bzw. minus an Kleidung“ – Ich habe überhaupt nichts dagegen, mit einer Prostituierten verglichen zu werden. Für mich haben alle Menschen den gleichen Wert. Diesmal wurde ich aber nicht gleichgestellt, sondern gleichgesetzt. Und damit habe ich definitiv ein Problem.

1. Tatsache ist: Ich bin keine Prostituierte.

2. Fakt ist: Weder mein Kopftuch, noch meine Religion haben etwas mit der Diskussion zu tun.

Ausschnitt einer Kommentarzeile

Ausschnitt einer Kommentarzeile

Super! – Ich scheine ein super Fang  für eine Super-Feministin zu sein. Nicht nur unterwürfig, sogar westlich und trotzdem super-dupper-special-double-devils-double-classic-super unterwürfig! Eine superwestliche Supermuslima im Super-Sunday-Special-AngebotMir sind die Augen ausgefallen, als ich „Kopftuch-Nutte“ las. Erst Recht bei der Begründung, die Beleidigung sei „strategischen, nicht persönlichen“ gemeint. Den Zusammenhang zwischen mir und dem Video über eine muslimische Frau aus einem anderen Land, die zwangsverheiratet und von ihrem Mann geschlagen wird, verstehe ich leider auch nicht richtig.

Ich & Islam – An die Herabsetzung der gesamten Weltreligion Islam auf dessen konservativsten, rückständigen Ausprägungen im hintersten Winkel der Zivilisation, habe ich mich bereits gewöhnt. Viele Menschen können mit dem Islam oder dem Kopftuch einfach nicht sympathisieren, weil sie es nicht kennen oder ein ganz anderes Lebensverständnis haben.

Fair bleiben! – Ich mache trotzdem, was ich für richtig halte und werde nicht damit aufhören, weil es andere falsch finden. Wer meine Meinung nicht teilt, kann konstruktiv und nachvollziehbar Kritik rüber bringen, die gegen das Thema und nicht gegen mich gerichtet ist.

Filterbubble – Gestern wurde der Bogen rationaler Argumentation überspannt, was immer dann passiert, wenn ich mich zu einem Thema äußere, das nichts mit meiner Religion oder meinem Migrationshintergrund zu tun hat. Wo soll der Fortschritt her kommen, wenn sich immer die gleichen Leute zu den gleichen Themen äußern? Jeder kann sich hier gerne zum Islam äußern, aber vorher muss ich klarstellen: Ich bin nicht der Islam und ich bin nicht alle Muslime. Der Islam ist einfach nur ein Teil von mir!

Forderung – Eigentlich habe ich schon mehr, als ich erwarte. Gestern fühlte ich mich kurz völlig alleine und ausgestoßen, bis ich sah, wie rührend sich andere an der Diskussion beteiligten und versuchten die Wogen zu glätten. Von den liebenswürdigen Kommentaren auf Twitter und Facebook ganz zu schweigen. Ich habe mich lange nicht so geborgen gefühlt! Danke dafür! Falls ich etwas fordern könnte, wäre das der Wunsch nach Einsicht, warum ich mit Prostituierten den vernichtend, herablassend-bemittleidenswerten Blick von westlichen Mittelschicht-Radikalfeministinnen teilen muss?

Intrasexuelle Konkurrenz – Wahrscheinlich geht es darum, sich selbst gegenüber anderen Frauen besser darzustellen und deutlich abzugrenzen. Eine Art geschlechtsinternes Ranking oder Revier markieren. Denn um Männer kann es kaum gehen, da sich Femi-Tante, Prostituierte und Muslima bei der Wahl wohl kaum in die Quere kommen werden. Bei der Verhüllung, wie bei der Enthüllung von Frauen werden automatisch weibliche Akzente unterstrichen. Das scheint eine Bedrohung der Emanzipation zu sehen.

Fazit – Man sollte sich aber beim Lesen meines Blogs im Klaren darüber sein, dass ich hier nicht wissenschaftlich arbeite, sondern lediglich meine Gedanken aufschreibe. Mein Blog soll auch dem Meinungsaustausch dienen, nicht aber der Revolutionierung der Welt. Die paar irren Tanten sind bestimmt nicht repräsentativ für die ganze Welt und darüber bin ich wirklich glücklich. Ich bin glücklich darüber in meinem Leben so vielen offenen, freundlichen und liebenswerten Menschen begegnen zu dürfen, auf deren Ecken und Kanten ich noch sehr gespannt bin. Dafür komme ich ganz bestimmt irgendwann wieder. Die letzten vier Tage dauer-rechtfertigen und Missverständnisse aufklären war aber einfach zu viel für mich und außerdem möchte ich noch die letzten Tage meines Teenagerdaseins  –auf die harte Tour  – ausleben, aber ohne Internet-Trouble bitte!

Adé,

Mervy Kay

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#YesAllWomen

Mervy Kay ist kein Mädchenblog. Ich bin ein Mädchen und das ist ein Blog. Kein Reiseblog. Kein Rezepteblog. Kein Einhorn- & Seepferdchenblog. Es ist einfach nur mein Blog. Und er ist auch für Männer.

Übrigens: Männer sind Menschen. Das nur zur Klarstellung, wenn ich lese, was das Emma Magazin über die Herren der Schöpfung schreibt und welchen Erfolg der Neo-Feminismus mit Hashtags, wie #killallmen, #mackergohome, #maletears und jetzt #yesallwomen hat. Ich war schon bei der #Aufschrei-Bewegung oft empört über die Statements mancher Frauen, was mir nur den Vorwurf eingebrachte, ich sei ein Maskulinisten-Pinup. Eine nennenswerte Gegenbewegung gab es nie. Woher kommen denn diese Männernazis? Und muss ich auch einer sein, weil ich eine Frau bin?

„Merve, du bist so naiv! Du hast keine Ahnung, glaub mir! Es ist anders, als du dir vorstellst: Männer sind keine faszinierenden Wesen auf weisen Pferden.“

Trotz dem (zugegebenermaßen) hohen Stellenwert der Geschlechtertrennung im islamischen Kulturkreis, bin ich nicht mit Wahrnehmungsstörungen bezüglich des anderen Geschlechts auf die Welt gekommen. Ich sitze in der Moschee nicht in einer männerfreien Zone, weil ich Männer hasse. Ich trage kein Kopftuch, weil ich Angst davor habe von jedem Mann vergewaltigt zu werden. Mein Lebensinhalt besteht nicht darin, einen Mann zu heiraten, um ihn zu vergöttern. Und ich verliebe mich auch nicht unsterblich in jeden Mann, der mir nach dem Niesen Gesundheit wünscht, weil ich noch nie von einem Mann beachtet wurde.

Ich versuche es mal anders: Warum ist eine männerfeindliche Einstellung derzeit im Trend? Und sind Frauen, die das nicht mitmachen wollen, unterwürfige Geschöpfe, die vom Patriarchat manipuliert wurden?

Männer seien die neuen Schwarzen. Oder Juden. Oder Muslime. Je nach dem, welcher Minderheit man mehr zugetan sei, berichtet die Frauenzeitschrift Brigitte. Das ist eigentlich eine Herabsetzung echter Diskriminierung. Männer werden im Grunde gar nicht diskriminiert und sie sind auch keine Minderheit. Wir reden hier von der Hälfte der Menschheit, aber eine halbe Menschheit, die ein seit Jahrtausenden schlummerndes Feindbild verkörpert.

Nicht ganz. Die braven Männer sind nicht böse und uns Frauen wird ans Herz gelegt, so einen Mann zu finden, der zu allem bereit ist, also auch dazu, zu bügeln, zu kochen und Karnevalskostüme zu basteln. Mit Herz und Seele stimme ich zu. Männer müssen aber nicht die neuen Frauen werden. Ich glaube nicht, dass Männer bessere Frauen sind als Frauen. Dafür müssten sie sich erst an einen Mount Everest an Erwartungen und das Minus an Anerkennung gewöhnen und ich bitte euch: Das stemmen nur wir!

Frauen und Männer sind nicht gleich und diese Ungleichheit ist viel zu negativ belegt.

Im Koran steht, Männer und Frauen würden sich ergänzen und sie sollen gütig zueinander sein. Genau das sollte die Gesellschaft, also die Medien, wie auch die Konsumenten, fördern, anstatt immer gegeneinander anzustacheln. Und einige Muslime sollten öfter in den Koran schauen und mit besserem Beispiel vorangehen.

Jede diskriminierte Minderheit hat irgendwann eine Zeit in der sie gehypet wird, bevor sie dann letztendlich von der Gesellschaft den Accepted-Stempel bekommt. Das haben Schwarze schon lange hinter sich. Es ist nichts besonderes mehr schwarz zu sein und auch nichts schlimmes. Schwule machen das gerade durch. Bei Muslimen könnte es noch dauern, aber ein „richtiger“ Mann zu sein dürfte eher wieder gefragt sein, als man denkt. Denn Geschlechterrollen sind zwar veränderbar und das passiert momentan auch, was gut ist, aber fast alle Männer sind trotzdem ziemlich einfach gestrickt, meistens nicht bösartig, nicht zickig und auch nicht nachtragend und genau das lieben wir doch an ihnen. Ich jedenfalls schon und deshalb sage ich: Yes, all women do love men!

Jetzt ist das doch wieder so ein Mädchenblogessay geworden. Ich bin eben ein Mädchen und das ist ein Blog.

Haltet die Ohren steif,

Mervy Kay

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W U R S T B R O T

Jeder möchte meine Meinung zu Conchita Wurst hören, aber ich bin leider immer noch mundtot: pathologisch temporärer Stimmverlust!

Selbstredend hat der Bundesdurchschnittsbürger für solche Situationen einen Webblog und somit stellt sich erneut die Frage: Was gibt es zu Frau Wurst zu sagen?

Vieles, eigentlich zu viel, wurde bereits gesagt. Warum wird aus manchen Dingen so eine große Sache gemacht, wobei andere völlig vergessen werden? Nichts wird doch so heiß gegessen, wie es gekocht wird und würde mir Frau Wurst auf der Straße begegnen, wäre sie auch nur eine unter vielen Menschen und bald hat man sie auch vergessen. Ich bin mir sicher!

Es gibt die liebe Conchita nämlich nicht erst seit dem Eurovision Song Contest. Ich kann nicht einmal sagen, ob mir ihr Bart aufgefallen wäre, vor einem Monat. Generell achte ich bei Menschen nicht auf ihr Äußeres, es sei denn ich hasse sie oder ich liebe sie. Beides ist bei unserer Phönix-Prinzessin nicht der Fall. Sie ist mir egal. Und genau das möchte sie doch: Egal sein! Hätte sie sich sonst Wurst genannt? Welcher Mensch nennt sich denn so?

Kennt ihr es, wenn ihr euch mit jemandem im Bus unterhaltet und später wisst ihr nicht mehr, ob diese Person eine Brille trug oder nicht, obwohl ihr der Person beim Sprechen ganz offensichtlich ins Gesicht geschaut habt? So sollte es mit Damenbärten und Kopftüchern auch sein!

Es ist mir bisher einmal passiert, dass jemand nicht wahrgenommen hat, dass ich Kopftuch trage. Später bei der zweiten Begegnung war sie peinlich berührt und meinte, sie könnte es für Dekoration gehalten und nicht weiter beachtet haben. Ich war glücklich. Scheinbar bin ich ganz normal und gar nicht so anders, sonst hätte es sie gestört, dass ich Kopftuch trage. Die meisten Menschen lieben Kopftücher bekanntlich nämlich nicht besonders. Die @marthaimthale sagt aber aktuell, Kopftuch sei lässig. Schön das zu hören, denn das gehört eindeutig in den egal-Wortschatz: Yuhu, Kopftücher werden immer egaler!

Jeder Mensch ist irgendwie anders, aber meistens ist das egal. Frau Wurst scheint noch überhaupt nicht egal-anders zu sein, denn entweder man liebt sie, oder man hasst sie, so scheint es mir. Sonst hätte sie nicht gewonnen, denn so toll kann sie nicht singen und besonders hübsch ist sie auch nicht, obwohl ihr Körper schon etwas her macht. Zu ihren Hassern sagt sie:

„Wie würde es euch gehen, wenn eure Freunde, Verwandten, Kinder, Kollegen usw. auf diese Weise beschimpft werden? Ich bin mir sicher, dass es in eurer näheren Umgebung ebenfalls Menschen gibt, die ‚anders‘ sind. In diesem Sinne kämpfe ich weiterhin GEGEN Diskriminierung und FÜR Toleranz. Denn ich bin davon überzeugt, dass im 21. Jahrhundert wirklich JEDER Mensch das Recht hat, so zu leben, wie er möchte.“

Warum sagt sie nichts zu den Liebern? Ich würde es an ihrer Stelle dumm finden, auf eine einzige Eigenschaft reduziert zu werden, aber vielleicht sind Travestiekünstler noch nicht so weit und sind einfach froh, erstmal auch geliebt werden zu können. Gönnt’s euch, so lange es euch nicht nervt, meine Herrendamen!

Das Genderproblem wäre damit also auch gelöst. Für mich jedenfalls. Gut, ich hatte auch noch nie ein Genderproblem. Ich fühle mich einfach immer mit angesprochen, selbst wenn da explizit NUR für HERREN steht. So kommt es, dass ich mich immer wieder in Herrentoiletten wieder finde. Das ist mein täglicher Adrenalinschub und viel gesundheitsfreundlicher als Koffein!

Das einzige das mir Probleme macht ist das: Warum musste sie das tun? Wollte sie es wirklich oder musste sie? Frauen dürfen sich so geben, wie Männer ohne Männer werden zu müssen, aber wenn sich Männer so geben wollen, wie Frauen, werden sie geächtet. Hat das etwas damit zu tun, dass Femininität allgemein devoter ist, als das typisch maskuline Dominanz?

Um ehrlich zu sein habe eich keine Ahnung. Witzig fand ich nur die Aussage meiner Mutter: „Merve, ich weiß nicht, was wir mit dir machen sollen. Du bist genau so, wie diese Frau, die so aussieht, wie Tarkan (Sie meint Conchita). Entscheide dich doch, was du willst und steh dazu!“

Das war absolut nicht auf mein Geschlecht bezogen, sondern auf meinen Glauben. Ich bin Muslima, das steht fest. So richtig definieren, wie das dann am Ende aussehen soll, kann ich tatsächlich nicht richtig. Vielleicht kann ich ja auch so ein Mittelding a la ist doch „Wurst“ starten: Statt Frau mit Bart, einfach Kopftuch mit Piercings. Sieht das komisch aus?

Ich finde es berechtigt, dass sich da viele Menschen ihrer Identität beraubt fühlen, dass Österreich oder je nach dem der Islam nicht so repräsentiert werden möchte. Aber wer entscheidet das? Konnte sich Österreich aussuchen, von Krieg und Blut repräsentiert zu werden? Konnte sich der Islam aussuchen, von Terroristen und Gewalt repräsentiert zu werden? Ich wünsche mir für unsere Kinder, die das alles noch nicht verstehen können, bessere Vorbilder, als mich oder Frau Wurst. Menschen, die wissen, was sie wollen und zu dem stehen. Also bitte, ich lasse euch gerne den Vortritt. Die erste Reihe steht noch frei! Na?

Ich kann nur sagen, dass kein Belag ohne ein gutes Brot, das ist, was es ist, denn das Brot ist nun mal das Beste an einem Wurstbrot!

Mervy Kay