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Lügenwelt – Berichterstattung über Petra Hinz

Meine Twitter-Timeline ist seit heute Morgen überhäuft von „Hinz & Kunz“-Witzen. Mittlerweile sollte auch jeder mitbekommen haben, dass eine SPD-Bundestagsabgeordnete namens Petra Hinz ihren Lebenslauf frisiert hat. Abgesehen davon, dass Lügen längst ein Kavaliersdelikt zu sein scheint unter Politikern, frage ich mich in diesem Fall, ob nur sie von dieser Lüge wusste oder auch ihr Umfeld. Ihre Eltern, Verwandten, Schulfreunde, ehemaligen Kommilitonen und auch Arbeitskollegen hätten doch irgendetwas merken müssen. Wir sprechen hier schließlich nicht nur von einer allgemeinen Hochschulreife, sondern auch von einem abgeschlossenen Jurastudium mit zwei Staatsexamen.

Auf meiner Online-Recherche, bei der ich der Frage nachging, ob sie ihren Bekanntenkreis nun auch angelogen hat oder ob die ihr sogar den Rücken gestärkt haben, stieß ich auf einen ganz anderen, für mich viel bedeutenderen Skandal.

Der Journalist Pascal Hesse war die Person, die aufgedeckt hat, dass Petra Hinz ihren Lebenslauf gefälscht hat und diese Story beim Informer Magazine Essen publiziert hat. Er schreibt auf seiner Facebookseite:

„Sorry, liebe WAZ und lieber Chefredakteur Andreas Tyrock, wenn man schon Recherchen übernimmt, die man nicht selbst betrieben hat, dann bitte mit Quellenangabe. Das gehört sich so im Journalismus! Ich habe aufgedeckt, dass Petra Hinz ihren Lebenslauf gefälscht habt, nicht ihr.

Ich bin sowieso kein Fan von der WAZ, weil die WAZ mit der NRZ zum selben Medienhaus gehören und durch unterschiedliche Aufmachung und Name ein „Zeitungs-Metropol“ im Ruhrgebiet bilden, dass den Lesern das Gefühl gibt, es gäbe eine Konkurrenz. Wenn die NRZ ein Konkurrent der WAZ wäre, hätten die nämlich spätestens heute Abend ein Interview mit Pascal Hesse publiziert in dem er erklärt, wie hinterhältig er um seinen „Quasi-Ruhm“ beraubt wurde.

Und von Ruhm kann man durchaus sprechen, wenn man sieht, dass fast alle großen Medien, ob Radio, TV oder Print, die über den Fall berichten die WAZ zitieren oder sagen, dass die WAZ die Politikerin mit Fragen durchlöchtert hätte, woraufhin sie erst animiert wurde bekannt zu geben, dass sie gelogen hat und ihr Mantat ablegen wird. Und das alles, obwohl das Informer Magazine schon einen Tag vorher über den Fall berichtet hat.

Lügen kann echt anstrengend werden für den Lügner und ich hoffe, dass es anstrengend wird für die WAZ. Denn ich lebe zwar nicht in Nordrhein-Westfalen und lese deshalb auch kaum lokale Zeitungen von dort, aber über eine Politikerin herziehen, die gelogen hat und dann selber lügen und betrügen und Kollegen die Story klauen ist meiner Meinung nach echt nochmal eine ganz andere miese Nummer.

Denn Solidarität geht für mich immer noch über Wahrheit. Denn ich beklage mich sowieso schon immer, dass man in Deutschland für alles Papiere und Abschlüsse braucht und hier so viel Kreativität und Energie gehemmt wird durch schlichte Bürokratie. Mitleid habe ich mit Frau Hinz deshalb trotzdem keins: Ich hab in einer Jura-Klausur selber Null Punkte bekommen, weil ich in meinem Gesetz Paragraphen durchgestrichen hatte (wer Jurist werden will, muss eben hart dafür bluten!) und außerdem ist es nochmal was anderes sich sein ganzes Leben neu zu erfinden, als Cupcake-Bäckerin werden zu wollen ohne Bäckerausbildung.

Jedenfalls weiß die WAZ selber genau, wo sie ihre Infos herhaben. Und auch wenn man jetzt keinen Rücktritt von Redakteuren erwarten kann, wäre zumindest eine Entschuldigung bei Pascal Hesse sehr angebracht.

Screenshot - Facebookseite von Pascal Hesse

Screenshot – Facebookseite von Pascal Hesse

Und hier nochmal, wer im Informer Magazin lesen will, wie der Fall mit dem Lebenslauf wirklich aufgedeckt wurde.