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Ein Tweet und seine Geschichte

In der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL ist diese Woche ein Artikel mit mir erschienen. Fiona Ehlers, die Redakteurin, die mich interviewt hat, benutzt selber gar kein Twitter. Sie hat eine Meldung in der Welt oder im Tagesspiegel gesehen, sagte sie mir und wollte der Geschichte hinter dieser Meldung auf den Grund gehen.

Ich habe schon mit den unterschiedlichsten Medien etwas zu tun gehabt – ob vor oder hinter der Schreibfeder oder Kamera. Die Arbeitsweise dieser Journalistin hat mich im Hintergrund dieser Erfahrungen wirklich beeindruckt. Sie ist mich besuchen gekommen und hat einen ganzen Tag mit mir verbracht, um mich und die kleine Geschichte hinter einer kleinen Meldung kennenzulernen. Ich habe mit ihr nicht nur über mich, sondern auch über ihre Arbeit, ihre Reisen in muslimische Länder und den Journalismus gesprochen, über das Frau sein in der Berufswelt, den Islam und Deutschland.

Hier unten findet ihr erstmal den Artikel und wenn es euch interessiert, schreibe ich auch gerne mal mehr über meine Erfahrungen mit Journalisten, dem „selber was mit Medien machen“ und meinen Uni-Wechsel. Viel Spaß beim Lesen. Und kommentieren nicht vergessen!

Der Spiegel[Weiterlesen]

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Kopf oder Zahl

Es geht ums Netz und Migration und irgendwo da drin bin ich. Ich, eine Muslima, in einer wunderschönen Moschee. Oder einem Hörsaal?

Oh, ich freue mich sehr, endlich mal in Deutschland eine richtige Moschee zu sehen. Mit Kuppel bzw Dom und schönem Teppich, verziehrenden Fließen und dekorativem Mosaik, echter Kanzel, Gebetswaschräumen und sogar Minarette. Für mich ist das nicht selbstverständlich in Deutschland. Aber Muslime in Moscheen gibt es doch zu Hauf.

“ Wenn’s um Eis geht, dann in einer Eisdiele“ sagt mir ein Freund. Das sollte Gesellschaftskritik sein und irgendwo hat er Recht. Wenn es um Glauben/Religion geht dann ist es ok. Aber wenn es um etwas anderes geht ist es Klischee. Und es geht um etwas anderes.

Ich liebe Moscheen und ich besuche sie auch sehr gerne und regelmäßig, auch wenn sie hier bei uns im Süden nicht so schön sind. Meistens geht es dabei um beten und Koran lesen oder es gibt eine Predigt, manchmal wird ein Neugeborenes gefeiert, ein islamisches Fest oder eine Hochzeit und dass ich als Muslima in einer Moschee bin merke ich meistens daran, dass ich entweder etwas adäquates dabei oder an habe (langer Rock, weites Kopftuch). Ich habe mich aber noch nie gefragt, ob ich in eine Moschee gehöre und spontan fällt mir eigentlich immer nur die Uni ein. Die Bibliothek, ein Hörsaal, die Mensa, der Garten..wir haben keinen Campus, aber ich lebe praktisch in der Uni und ich fühle mich wohl hier. Trotzdem ist es komisch dieses Bild: Muslima mit Kopftuch + Uni? Gehöre ich hier her?

Ehrlich gesagt habe ich ein bisschen Angst, dass ich in einer Moschee nicht mehr Merve aus Tübingen bin, sondern Ayse, die mit 4 Jahren aus Anatolien auf einem Esel nach Deutschland geritten kam und jetzt Anwältin werden möchte.

Ein anderer Freund hat mal gesagt: “Akademikerinnen mit Kopftuch werden bald das Image des Kopftuches in Deutschland verändern” (http://mervykay.wordpress.com/2013/10/18/blockquote-cla/) und das ist auch irgendwie die Message, die ich mit meinem Blog rüber bringen möchte. Dass Muslime überall hin gehören und nicht nur in ihre „Nieschen“.

Das ganze Setting in der Moschee verfälscht dann alles, was ich bezwecken will. Und da wäre es jawohl für die richtige Message eher förderlich, wenn man an einem etwas moderneren, um nicht zu sagen westlicheren, nicht ganz so konservativ angehauchten Ort sein würde. Mit diesem Moschee-Setting bedient man doch nur genau das Klischeehafte und festigt unterschwellig ein bestimmtes Bild.

Ich behaupte jetzt mal, dass 50 % der Deutschen durchaus im Hinterkopf haben, dass ein religiöser Moslem/eine religiöse Muslima und dann noch in einer Moschee, nicht zu Deutschland gehört und da wäre die Location als Stilmittel, um dagegen zu halten, mehr als falsch. Denn die Menschen, die so denken, hat man damit gleich verloren.

Moscheen sind sicher interessant und eine Muslima in der Uni vielleicht leider auch noch ein bisschen. Nicht zuletzt werde ich in der Uni von Besuchern eines Konzertes im Festsaal oft für eine Putzfrau gehalten. Ersteres ist vielleicht gar nicht so schlecht. Dafür kann man jedes Jahr den Tag der Deutschen Einheit, wie gleichzeitig auch der offenen Moschee, nutzen, um das zu ändern. Letzteres aber kann durchaus schwerer sein, denn da muss man tief rein in die Köpfe, aber vielleicht will ich das?

Keiner kann mir diese Entscheidung abnehmen. Möglicherweise liegt meine Skepsis auch einfach nur daran, dass ich nicht so eine laissez faire Lebenseinstellung habe. Eine Moschee ist aber für mich auch keine Deko und deshalb bin ich mir eigentlich fast sicher, dass ich mich in einem Hörsaal wohler fühlen kann.

Ich gehöre nicht zu meinem Glauben, mein Glaube gehört zu mir!

Bis Bald,

Mervy Kay