Ich mag deine Texte, weil sie mich berühren. Hätte selbst auch nicht gedacht, dass eine Muslima das schafft (scheiße kling das doof).

Ist aber passiert, einfach so und das finde ich wirklich sehr schön.“ – keinPirat

Oft denke ich, dass ich ALLES falsch mache.  Wenn ich mal weiß, dass ich etwas richtig gemacht habe, dann erst ganz viel später und meistens habe ich dann sowieso nicht darüber nachgedacht, was ich mache.

Warum habe ich z.B. diesen Blog  noch? Ich bin nicht mehr krank und habe darum auch keine Zeit mehr. Überhaupt habe ich doch nichts zu sagen, was lesenswert wäre!

Worum geht es hier? Zählen meine Taten? Meine Absichten? Zählt das, was man  sieht? Was man spürt? Zählen die Fehler, die ich mache? Das Resultat, das ich halte?

Welche Erwartungen habe ich?

Es gibt viele Menschen, die auf meinen Blog stoßen. Denen ich in die Timeline oder auf die Startseite gespült werde. Die meisten von ihnen werden sich langweilen und weiter klicken, einige werden sich ärgern und nichts weiter tun, aber es gibt sie, die Menschen, die mich nicht gesucht, aber gefunden haben!

Komischerweise werde ich von ihnen nie als „Mädchen“ gesehen. Eher als Botschafterin einer fremden Welt. Doch wenn ich helfen kann, sich seinen (Vor)Urteilen bewusst zu werden oder einfach nur ein praktischer Hintergrund bin, zu dem, was theoretisch schon da ist. Wenn man mich braucht und wenn man sehen kann, dass ich wirklich für meinen Islam brenne, dann bin ich bereit diese Bürde zu tragen.

Ich bin aber keine Märtyrerin, die stark und selbstlos für ihren Glauben eintritt. Nein, ich bin eigennützig. Denn ich warte immer darauf, dass etwas passiert und man mich plötzlich nur noch als Mensch sieht. Verletzt, traurig und unsicher..

Ich gewähre Einlass in mein Leben. Der Tribut, den man zu zahlen hat, ist mich zu sehen.

Manchmal passiert das.

VLG Mervy Kay – Eure religiotische Kopftuchbraut!

Artikel

SPOTTED: Die Kopftuchmenschin

Kopftuch, Kopftuch, Kopftuch – kein sehr schönes Wort für einen so schönen Vers des Korans, den ich seit Jahren versuche würdevoll auf meinem Haupt zu tragen. Hijab heißt es richtig und es hat eher wenig mit nur einem Stückchen Stoff zu tun.

„Es passt gar nicht zu dir!“, habe ich oft gehört. Ob ich es aus Zwang trage, will man wissen. Gott hätte uns ohne Haare geschaffen, wenn er sie versteckt haben wollte, meinen viele: „Gehören sie etwa nicht zu dir, deine Haare?“

Aber natürlich gehören sie zu mir und als ich anfing Hijab zu tragen, habe ich anfangs sogar ein bisschen das Gefühl gehabt, einen Teil meiner Identität verloren zu haben. Es war zwar natürlich ein selbstbestimmter Akt, doch ich hatte den Verlust unterschätzt, den ich tatsächlich erlebte. Plötzlich bedeutete es etwas, wie ich von anderen wahrgenommen wurde. Bislang konnte niemand sehen, welchen Glauben ich hatte oder wie ich dazu stand und jetzt war es offensichtlich, denn der Hijab gehört eindeutig zum Islam. Ich war überall und immer nur noch Muslima. Ich musste mich stets für meinen Glauben entschuldigen und ihn rechtfertigen, zu jedem „Issue in Islam“ fundiertes Wissen beweisen und eine Meinung haben:

Minarette, Burka, Mohammedkarikatur, Steinigung, Salafismus, Homosexualität, Selbstmordattentäter, Scharia, Ehrenmord, Zwangsheirat,… ∞ !

Bald lernte ich allerdings damit umzugehen und meine eigene Persönlichkeit in den Vordergrund zu stellen. Irgendwann findet man gar nichts mehr schlimm und im Studium lernte ich dann die verschiedensten Muslimas kennen, die ihren Glauben auf unterschiedlichste Art und Weise ausdrückten. Ob ihr Hijab eine Burka, ein Kopftuch, ein Turban oder nichts ist, kennen sie alle die Trendfrage No.1: Warum trägt man Hijab?

Eine gläubige Frau soll ihre Gewänder über sich ziehen, um als Muslima erkannt zu werden und damit sie nicht belästigt wird, so der Koran!

Eine Frau, die ihr Haar mehr oder weniger kunstvoll verdeckt, soll oder will also nicht wahrgenommen werden? Nein, abgesehen von den wenigen Männern, die sich Zettel an die Kühlschranktür kleben, bei welchen Minderheiten sie noch im Bett landen wollen, werden wir sowieso weniger als Frau wahrgenommen als vorher, aber auch für alle anderen gilt im Normalfall für den Umgang mit Kopftuchmitmenschinnen: nicht anfassen, nur anschauen!

Sowieso viel wichtiger im modernen Kontext und eindeutig stärker im Vordergrund steht der Aspekt der Repräsentation und stößt damit auch auf die größeren Hemmungen. Es herrscht allgemeine Unsicherheit darüber, ob man einer Kopftuchmenschin so viel Selbstreflexion zumuten kann, dass sie auch noch für etwas anderes stehen kann, als für den Islam, leider noch.*

„Wenn man mit euch in Kontakt kommt, überraschst ihr einen wahnsinnig und gerade Menschen, die kopftuchtragende Mädchen von vorneherein in ein Raster fallen lassen, bekommen euch halt in ihrem begrenzten Weltbild nicht unter.       Genau mit denen musst du dich anlegen Mervy Kay, aber mach dich auf etwas gefasst, wenn du rebellieren willst!“

Wir treten mit unseren Tüchern deutlich aus der Masse hervor und es ist verständlich, dass die Umstände für uns manchmal etwas schwerer sind, als für andere Menschen hier in Deutschland. Aber ist es nicht leicht, sich einzureden, es gäbe auf der ganzen Welt keine anderen, die es einfach nicht schaffen, etwas zu verändern? Dieses Gefühl ist falsch und man darf niemals den Mut verlieren, es jeden weiteren Tag wieder und wieder zu versuchen, bis das Kopftuch eines Tages vielleicht sogar ein Pluspunkt sein kann, egal für was. Wir müssen die Sache jetzt einfach rumreißen!

Ich habe mich nie hinter meinem Kopftuch versteckt oder es vorgehalten und ich werde es nie für jemanden oder für etwas ausziehen, wenn, dann nur für mich und die Kopftuchmenschin, die das Kopftuch als Handicap sieht, sollte es bitte gleich sein lassen!

Last but not least möchte ich ein riesiges  Danke  sagen, mit strahlen in den Augen, an alle Mitmenschen, die keine Muslime sind und trotzdem so einen weiten Horizont haben, dass sie mit mir an die Kopftuchmenschin glauben und an mehr!!

Mervy Kay

* Die Betonung liegt auf dem feinen Wörtchen „noch“!