Morgen ist der Tag der Deutschen Einheit, also ein Tag der Einigkeit und der Demokratie. Gleichzeitig ist morgen der erste Tag des islamischen Jahres 1438 und jüdisches Neujahr.
Ein Zufall, der mich an etwas wichtiges erinnert: Es ist nicht überall auf der Welt selbstverständlich , dass Christen, Juden, Muslime, Atheisten und Menschen mit allen möglichen spirituellen Orientierungen friedlich und demokratisch miteinander in einem Land leben.
Darauf müssen wir nicht stolz sein, weil wir nichts dafür getan haben. Die Grundlage dafür haben Menschen vor uns geschaffen. Wir haben aber die Pflicht und die Bürde das zu erhalten. Nicht nur für uns, sondern auch für die Menschen, die nach uns kommen.
In den letzten Monaten habe ich leider öfter lesen müssen, dass muslimische Frauen in Deutschland wegen ihrem Kopftuch angegriffen und körperlich misshandelt wurden. Es häufen sich Meldungen, dass Moscheen beschmiert oder mit blutigen Schweineköpfen beschmutz werden. Rassisten trauen sich immer lauter zu schreien gegen die selbstverständliche Vielfalt in Deutschland. Ich bin traurig über beleidigende und teils aggressive Kommentare zum Opferfest, das wir Muslime vor einigen Wochen gefeiert haben. Unter dem Festtagsgruß der SPD Essen zum Opferfest stand z.B. sinngemäß: „Wie könnt ihr Muslimen nur zum Opferfest gratulieren. Bei diesem Fest werden Tiere getötet. Muslime sind total barbarisch!“ – Wenn man das ließt, könnte man meinen Deutschland sei ein kollektiv vegetarisches Land.
Ich weiß, dass es manchmal schwierig ist, verständnis für fremde Bräuche und Gepflogenheiten zu haben. Aber wie jedes Jahr ist morgem am Tag der Deutschen Einheit auch wieder Tag der offenen Moschee. Ich lade euch also alle ein euch bei den Muslimen oder der Suchmaschine eures Vertrauens zu erkundigen, ob auch in eurer Nähe eine Moschee ist und diese zu besuchen, um alle Fragen loszuwerden, die in euren Köpfen herumschwirren, statt euch zu wundern oder zu ärgern, warum Muslime immer alles anders machen.
Bei uns gibt es morgen Aschura oder Aşure. Das ist eine breiartige Süßspeiße aus verschiedenen Hülsen- und Trockenfrüchten, Getreide und Nüssen, die weihnachtlich gewürzt und zu unserem Neujahr gegessen wird. Ich weiß nicht, ob es stimmt, aber Noah soll auf seiner Arche am letzten Tag bevor er an Land legen konnte alles Essbare, was sich noch an Bord befand zusammengewürfelt haben, um noch genug Essen für alle zu zaubern. So soll dieses Gericht entstanden sein. Eine schöne Geschichte und ein leckeres Gericht, das bei jedem ein bisschen anders schmeckt und morgen vielleicht auch in der Moschee, bei euch um die Ecke serviert wird.
Ansonsten gibt es bei Koch dich türkisch! eine Rezept zum Nachkochen. Und falls ich einen jüdischen Leser unter euch habe: Gibt es bei euch auch ein typisches Essen zu eurem Neujahr?
Ich hoffe, dass wir den morgigen Tag und das kommende Jahr nutzen, um mehr dafür zu tun, uns ein Land zu erhalten, in dem jedes Individuum menschenwürdig leben kann und sich nicht aufgrund seines Glaubens oder seiner Herkunft unsicher fühlt!
Eure Mervy <3
PS: Es hat sich leider ein ziemlich großer Fehlerteufel eingeschlichen in meinen Text. Ich wurde grad von meiner Mutter darauf hingewiesen, dass nur in meiner Familie Aschura zum Neujahrsbeginn gegessen wird und der eigentliche Aschura-Tag ein Trauertag am zehnten Tag des neuen Jahres ist. Ich weiß eben auch nicht alles!
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